Letzte Aktualisierung: 30.07.2013 (Vorbild: weitere Informationen hinzugefügt)

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Der Wismarer Schienenomnibus der Bauart Hannover

a. Vorbild

Die Waggonfabrik Wismar verfolgte, neben traditionellen Entwicklungen, auf Initiative des Niedersächsischen Kleinbahnamtes in Hannover ein Leichtbaukonzept mit aus dem Lkw-Bau stammenden Komponenten, das zum bekannten Wismarer Triebwagen der Bauart Hannover führte und als Solofahrzeug konzipiert war. Ihm fehlten einige sonst bei Eisenbahnfahrzeugen übliche und schwere Komponenten, aber letztendlich wurde dem seltsamen Gefährt eine Betriebserlaubnis erteilt. Es eroberte Regel- und Schmalspurgleise, rationalisierte den Personenverkehr bei vielen Bahnen erheblich und kam in vielen Fällen auf eine lange Einsatzzeit. Sein Hauptvorteil aber war wichtig: Er war nicht nur ausgesprochen preisgünstig in der Anschaffung, sondern auch bei Reparaturbedarf, denn dann konnte die Bahngesellschaft auf Großserienprodukte aus dem Lkw-Bau zurückgreifen.

Tatsächlich hatte die Waggonfabrik Wismar einen ganzen  Triebwagen-Baukasten  entwickelt:  Die Besteller konnten zwischen drei Achsständen, vier Spurweiten, drei Wagenkastenlängen und "zwei" Wagenkastenbreiten (2.050 - 2.430 und 2.902 mm) wählen.  Damit variierte die Sitzplatzzahl zwischen 35 und 56 Plätzen. Doch anscheinend reichte den Bahnen die Auswahl  von fünf Grundtypen immer noch nicht: nur rund jeder dritte Wismarer Bauart Hannover wurde als echter Typ A, B, C, D oder E ausgeliefert, etwa 2/3 der Fahrzeuge wurden nach den Wünschen der Auftraggeber "individualisiert".
Immer noch das Standardwerk zum Wismarer:




Konstruktiv ging die Waggonfabrik Wismar interessante und zum Teil innovative Wege: Das Chassis war auf einem vollständig verschweißten Leiterrahmen aufgebaut - damit war der Typ Hannover das erste vollständig geschweißte Eisenbahnfahrzeug in Deutschland - und hatte zur Gewichtseinsparung gelochte Langträger. Die für den Rahmen verwendeten Profile wurden zur Erhöhung der Steifigkeit gesickt. Solcherart "verschlankt" kam die kurze, schmale Version (Typ E) gerade einmal auf ein Leergewicht von gut sechs Tonnen.


Dieses Chassis traf denn auch zunächst  auf Vorbehalte seitens der Zulassungsbehörden: Die Langträger waren nicht in der  Lage, die üblichen Pufferdrücke zu übertragen. Nur mit der Einschränkung, das  Fahrzeug solo oder nur mit einem eigens dazukonstruierten Leichtbau-Beiwagen (von dem Wismar zwei Stück produzierte...) zu betreiben und nicht in Züge einzustellen, erhielt der Schienenbus die Abnahme.


Die Tragfedern ruhten auf Gummilagern, und Gummi fand sich  auch als Einlage zwischen Radkörper und Radreifen. Zur Gepäckbeförderung erhielt das Fahrzeug auf Wunsch seinerzeit im Omnibusbau übliche Dachgepäckträger samt Leiter, und beidseits der Motorvorbauten wurden, wenn es der Besteller wünschte, Gitterkörbe oder Fahrradhalterungen angebracht.


Geradezu genial war aber der Antrieb gelöst: Da aus dem Lkw-Bau mittlerweile brauchbare Getriebe (wir  sprechen über Leistungen in der Größenordnung von 50 - 60 PS), aber keine Wendegetriebe zur Verfügung standen, baute die Waggonfabrik Wismar an beiden Fahrzeugenden jeweils eine komplette Antriebseinheit aus einem Ford-Lkw-Motor und einem Ford-Vierganggetriebe mit  Rückwärtsgang an, die über eine Kardanwelle die jeweilige Endachse antrieb. Gefahren wurde nur mit der in Fahrtrichtung vorderen Maschinenanlage, die hintere Achse lief im Leerlauf mit. Der Rückwärtsgang diente nur zum Rangieren und, bei einem eventuellen Ausfall der zweiten Maschinenanlage, zum Räumen der Strecke. Der  jeweils nicht benutzte Führerplatz wurde hochgeklappt und der Führertisch gegen Missbrauch gesichert.


Von den 57 an deutsche Kleinbahnen und die Eisenbahnen des Saargebietes (letztere in Normalspur und nun doch mit einem zwischenzeitlich betriebsreif gewordenen Mylius-Wendegetriebe ausgestattet, außerdem erhielten sie sechs Meter Achsstand) ausgelieferten "Schweineschnäuzchen" sind heute noch zwei schmalspurige in Betrieb: Auf Borkum ist der 1940 mit der Fabriknummer 21145 als T1 an die Borkumer Inselbahn gelieferte typenreine "Hannover D", 1977 an die DGEG verkauft und 1997 nach Borkum zurückgekehrt, als einziger Wismarer mit 900 mm Spurweite
im Regelbetrieb seit 1998 wieder als T1 unterwegs, und beim DEV in Bruchhausen-Vilsen tut der 1933 an die meterspurige Steinhuder Meer-Bahn gelieferte T 41 (Fabrik-Nr. 20202, der zweite überhaupt gebaute und der erste schmalspurige Wismarer "Hannover") nun schon im 46. Jahr (Stand 2013) im Museumseinsatz Dienst. Daneben sind sieben vollspurige Wismarer der Bauart Hannover, zum größeren Teil betriebsfähig, erhalten geblieben.


Der zweite, kürzere und schmalere, Borkumer, bereits 1939 an die Fliegerhorst-Kommandantur auf Borkum geliefert und 1949 als T2 von der Borkumer Inselbahn eingereiht, dürfte nach wechselvoller Geschichte (1978 an DEV, die dort vorgesehene Umspurung auf 1000 mm konnte wegen zu enger Platzverhältnisse im Rahmen nicht durchgeführt werden, 1984 an Privat, 1985 ans "Öchsle", 1986 auf 750 mm umgespurt und bis 1990 als VT 1 dort verblieben, dann von Privat abtransportiert) ebenfalls erhalten sein; sein genauer Verbleib indes ist unbekannt.   


Nochmals ein Blick in die RLK-Schatzkammer: Auch hier fand der „Wismarer Schienenbus der Bauart Hannover“, so die offizielle Bezeichnung des Kleinbahnretters, die fast länger als das Fahrzeug ist, bei sinkenden Fahrgastzahlen von 1937 – 1962 als T 21 ein dankbares Betätigungsfeld.

Wenn Sie mehr über dieses Unikum, von dem sich noch etliche regel- und schmalspurige Exemplare bei Museumsbahnen finden, wissen möchten und sich nicht das Standardwerk von Dieter Theodor Bohlmann zulegen wollen, schauen Sie doch einmal beim Klein- und Privatbahn-Forum und hier vorbei...





Der normalspurige Wismarer Schienenomnibus T2 der Bremen - Thedinghauser Eisenbahn zu Gast beim DEV in Bruchhausen-Vilsen (Video: kaos93244)




Rundgang um den Wismarer Schienenbus der Borkumer Kleinbahn, Spurweite 900 mm
(Video: Prellbock49)



"Abfahrt!
" Der T  41 des DEV verlässt Bruchhausen-Vilsen
(Video: 3000yessi)

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b. Modell





Merker + Fischer
(M+F) widmeten sich bereits dem schmalspurigen Wismarer Unikum und boten einen Bausatz für die H0e-Ausführung des Triebwagens an. Das aus Kunststoff gespritzte Gehäuse mit einzeln anzusetzenden Details nutzte als Fahrwerk das Chassis eines Spur-N-Uerdingers – Nebenbahnretter motorisiert Nebenbahnretter...

Den – leider nicht ganz vollständigen – Bausatz (rechts) habe ich vor vielen Jahren einmal „angebaut“ übernommen.

Auch für die Baugrößen N und Nm (auf Spur-Z-Spenderfahrwerk der V 60 mit für den  Wismarer viel zu kurzem Achsstand - damals alternativlos) hatte M+F den Wismarer im Angebot.










Ebenfalls im Maßstab 1:87 bietet BEMO den Wismarer an, in H0 (unteres Foto, OHE DT 0506), in H0e (oben, DR VT 133 525, 1939 geliefert an Priegnitzer Kreiskleinbahnen) und demnächst wieder in H0m, denn der T 41 des DEV (Bruchhausen-Vilsen) ist seit 2009 als Neuheit angekündigt und soll im letzten Quartal 2013 auf die Modellgleise rollen.


(Fotos [2]: BEMO)






Etliche Jahre bot BEMO Modelle aus dem Normalprogramm (mit authentischen Anschriften), darunter auch den Wismarer Schienenbus, zusätzlich als Fahrzeuge der fiktiven "Neustädter Kreisbahn (NKB)" an, um interessierten Modellbahnern die Möglichkeit zu eröffnen, zu einem bunt gemischten Fahrzeugpark mit einheitlichen Anschriften zu kommen und damit quasi ihre eigene Bahngesellschaft ohne Umbeschriftung leiten zu können. Das NKB-Angebot ist seit einiger Zeit eingestellt, aber second hand sind immer noch (auch flammneue) Modelle erhältlich.

Ebenso wird oft  fündig, wer etwa BEMO-Wismarer mit "Jägermeister"-Reklame oder andere, derzeit nicht ab Werk angebotene Beschriftungsvarianten (etwa VT 2 Borkum) sucht.




In schicker blau-elfenbeinfarbener Lackierung kommt das PANIER-Modell des S.V.G. T 22 daher, eines ehemaligen Dienstfahrzeuges der Deutschen Luftwaffe: 1939 wurde der Schienenbus fabrikneu bei der Fliegerhorstkommandantur Hörnum auf Sylt in Dienst gestellt (rechts: PANIER-Modell in fliegergrau), und er trat 1949 seinen Friedensdienst bei der Sylter Inselbahn AG, später Sylter Verkehrsgesellschaft, an, der bis zur Streckeneinstellung anno 1970 dauerte.

PANIER bietet diese interessanten Sonderlinge als Fertigmodelle und als „Halb-Bausätze“ für die Spurweiten H0e und H0m an, deren Gehäuse bereits fertig lackiert und beschriftet sind.

(Fotos [2]: PANIER, copyright carocar.com)








Der größere Maßstab bietet Henke Modellbau mehr Detaillierungsmöglichkeiten: Das Gesicht des DR VT 133 525 besticht mit einer Fülle an Einzelheiten. Henke liefert die Modelle für 0e und 0m jeweils nach Vorbild des DEV T 41 und der Prignitzer Wagen DR VT 133 524 und 525,  wie hausüblich als Fertigmodell und Bausatz.

Die Prignitzer verfügen vorbildgerecht über den schmaleren Wagenkasten, der T 41  über den breiteren.

(Modellfoto: Henke Modellbau)



Für die Freunde der Gartenbahn (IIm) hat(te) LGB natürlich auch den Wismarer im Programm. Mit beeindruckenden 445 mm Länge gibt das Modell sein Vorbild, den VT 133 525 der DR, im Zustand der Epoche III wieder.

Ab Werk verfügt das Modell (22660) über Innenbeleuchtung, Türen zum Öffnen und hat einen MZS-Chip onboard.

Aktuell (Juli 2013) ist das Modell „nicht mehr in Produktion“ (Info LGB).

(Foto: LGB)







"I pimp my Wismarer": IIm-Modell von LGB mit ESU-Sound
(Video von digihans)

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